Veröffentlicht am 25.05.2018   Universitätsklinikum Regensburg   DE

Regensburger Wissenschaftler vergleichen Äpfel mit Birnen

Wissenschaftler des Lehrstuhls für Genetische Epidemiologie der Universität Regensburg haben die genetischen Effekte auf Körperform und Body-Mass-Index (BMI) erstmals gemeinsam betrachtet und deren Risiko für kardiometabolische Erkrankungen genauer erforscht. Die Wissenschaftler konnten in einer aktuellen Nature-Communications-Studie zeigen, dass BMI und Körperform zur Bestimmung des Erkrankungsrisikos nicht losgelöst voneinander betrachtet werden sollten.

Apfel oder Birne? Diese Frage ist bezüglich der Körperform vermutlich noch wichtiger als am Obststand. Bereits seit längerem vermuten Mediziner, dass eine vermehrte Anlagerung von Bauchfett die Entstehung von Diabetes oder Bluthochdruck begünstigen. Die Körperform wird durch das Taille-Hüft-Verhältnis bestimmt. Ist dieses erhöht, bedeutet das überproportional viel Bauchfett und somit einen apfelförmigen Körper. Doch nicht nur die Fettverteilung, sondern auch die Fettmasse spielt eine große Rolle für die Gesundheit. Sie wird mit dem BMI gemessen, der eine Kenngröße für Über-, Unter- oder Normalgewicht ist. Übergewicht gilt ebenso wie übermäßiges Bauchfett als Risikofaktor für Herzinfarkt oder Diabetes. Um eine Aussage über das Krankheitsrisiko zu erhalten, haben Wissenschaftler die Genetik von Fettmasse und -verteilung bislang getrennt voneinander betrachtet. Eine Forschergruppe um Professor Dr. Iris Heid und Dr. Thomas Winkler vom Lehrstuhl für Genetische Epidemiologie der Fakultät für Medizin der Universität Regensburg hat nun erstmals die genetischen Faktoren für beide Parameter im Zusammenhang mit dem Risiko für Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes mellitus gemeinsam untersucht. Dabei konnten drei Subtypen der Körperfettanlagerung definiert werden.

Für ihre Studie haben die Wissenschaftler Forschungsdaten von über 320.000 Personen aus mehr als 100 Studien verwendet. „Wir haben festgestellt, dass viele genetische Faktoren sowohl die Fettanlagerung als auch das Risiko für bestimmte Erkrankungen beeinflussen. Damit sollte zur Risikoabschätzung von kardiometabolischen Erkrankungen der BMI und die Körperfettverteilung künftig kombiniert betrachtet werden“, fasst Dr. Winkler zusammen. Zudem konnten neue Hinweise dafür gefunden werden, dass die genetischen Effekte für Übergewicht nicht nur im zentralen Nervensystem und den Fettzellen, sondern auch im Verdauungssystem zu verorten sind.

Drei genetische Subtypen identifiziert

Die Wissenschaftler zeigen in ihrer Untersuchung, dass Personen, die genetisch zu einem hohen BMI und einem großen Taille-Hüft-Verhältnis neigen, auch ein erhöhtes Risiko für kardiometabolische Erkrankungen aufweisen. „Bildlich gesprochen führt dieser Gentyp zu Übergewicht und einem apfelförmigen Körper, also einem im Verhältnis zum Hüftumfang großen Bauchumfang. Die betroffene Personengruppe hat genetisch bedingt auch ein höheres Risiko für Bluthochdruck, Diabetes, koronare Herzkrankheiten und Herzinfarkt“, erklärt Dr. Winkler. Wer hingegen genetisch bedingt das Fett eher auf der Hüfte einlagert, also einen im Verhältnis zum Bauchumfang großen Hüftumfang aufweist, hat selbst bei erhöhtem BMI ein um bis zu 80 Prozent niedrigeres Risiko, an Diabetes zu erkranken. Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen treten bei diesem Birnentyp seltener auf. Genetische Faktoren, die lediglich einen Effekt auf die Verteilung des Körperfetts, aber nicht auf die Fettmasse – also den BMI – haben, bewirken eine reine Umverteilung des Körperfetts zwischen Taille und Hüfte. Diese dritte Klasse an Varianten ist angereichert in Genen, die im Verdauungssystem wirken. Dieser Zusammenhang konnte bislang in noch keiner genetischen Analyse zuvor herausgestellt werden. Dieses Wissen trägt zu einem besseren Verständnis der biologischen Mechanismen der Adipositas-Entstehung bei und kann langfristig gesehen zu einer verbesserten Behandlung von Adipositas führen.

Die Studie von Dr. Winkler, Professor Dr. Heid und ihren Co-Autoren von der Ludwig-Maximilians-Universität München, der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York/USA und dem Universitätsklinikum Lausanne/Schweiz wurde kürzlich im renommierten wissenschaftlichen Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlicht. „Unsere Arbeit stellt außerdem ein wichtiges Puzzlestück zu der vieldiskutierten Frage dar, ob sich Hüftfett im Gegensatz zum Bauchfett direkt positiv auswirken kann: Die Daten deuten darauf hin, dass das tatsächlich der Fall ist. Wenn die Fettanlagerung an der Hüfte allerdings von einer Fettanlagerung am Bauch und einer damit verbundenen Erhöhung des Taillenumfangs begleitet wird, ist eher die Erhöhung des BMI ausschlaggebend und kann die Entwicklung von Typ 2 Diabetes, koronaren Herzkrankheiten und Herzinfarkt negativ beeinflussen“, ordnet Professor Dr. Iris Heid die Ergebnisse ein.

Publikation:
Winkler TW, Günther F, Höllerer S, Zimmermann M, Loos RJ, Kutalik Z, Heid IM. A joint view on genetic variants for adiposity differentiates subtypes with distinct metabolic implications. Nat Commun. 2018 May 16;9(1):1946. doi: 10.1038/s41467-018-04124-9.

Neuss - Veröffentlicht von myconvento.com


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